Das Tal steht weit offen und ist auf der einen Seite begrenzt von den hohen, noch mit dem «ewigen» Eis bedeckten Gipfeln der Hochalpen. Majestätisch ragen sie hinter meinem Rücken in den Himmel hoch, verschmelzen beinahe mit ihm. Auf der anderen Talseite sind die Gipfel sanfter und sind eingehüllt von beige-grünen Wiesen und kleineren Felspartien, darunter befinden sich Tannenwälder. Der harzige Duft der tiefgrünen Nadeln ist selbst hier auf der anderen Talseite noch riechbar. Die Wälder sind durchzogen von grossen Schneisen und Löchern, welche der Mensch im Laufe der Zeit hineingeschlagen hat. Strassen, nicht mehr als eine graue Linie, schlängeln sich den Hang empor. Sie kommen aus dem Talkessel, in welchem verstreut das ehemals beschauliche Bergdörfchen liegt. Heute besteht es aus achtlos hingeworfenen Chalets und Hotelanlagen, welche beinahe im ganzen Tal zerstreut gebaut wurden. Sie wirken fremdartig, gar invasiv.
Der Himmel ist in ein weissliches Grau gehüllt, hohe Wolken ziehen langsam über das Tal hinweg. Die Dämmerung hat eingesetzt und die warmen Lichter des Dorfes sind als kleine, vielzählige Tupfer ersichtlich. Die Luft ist feucht und kühl, der am Tag gefallene Regen hat das Tal mit einer sinnlichen Ruhe belegt. Der wohlige Duft von brennendem Tannenholz berührt meine Rezeptoren in der Nase. Er stammt vom Häuschen hinter mir, in welchem das Feuer im Kamin die Stube erwärmt. Der sanfte, jedoch kalte Wind weht an meinen Wangen vorbei. Ich drehe mich um, nehme einen letzten tiefen Atemzug und laufe über das vor Nässe triefende Moos auf das kleine Haus zu.