Erinnerungsraum
Ich schwebe in kräftigem, intensivem und klarem blauen Licht. Meine Leichtigkeit nimmt immer mehr Raum ein, vergrössert sich ins Unermessliche. Der Raum um mich herum verschwindet in ebendiesem Blau. Ich verliere sowohl den Raum als auch mich selbst in diesem blauen Licht.
Aber nochmal an den Anfang zurück. In Berlin steht die Kaiser-WilhelmGedächtniskirche. Ich kenne sie als die «Lippenstift und Puderdose»–Kirche. Dieser Name erweckt bereits die Phantasie. Doch dann stehe ich davor. Und bin erst einmal masslos enttäuscht. In der Erinnerung ist sie einfach nur grau und unendlich
langweilig. Ich will diese Kirche nicht besuchen.
Durch eine unscheinbare Kirchentür gelangt man in das Innere. Hier eröffnet sich ein Raum, ein achteckiger Raum, mit hohen Decken und einer Weite und Offenheit, die ein Gefühl von Freiheit aufkommen lassen. Die Stille, welche den ganzen Raum erfüllt und im starken Kontrast zur lauten, verkehrsintensiven Strasse draussen steht, ist keineswegs erzwungen. Nein, die Stille ist notwendig. Nur durch und mit ihr ist der Raum wahrnehmbar. Licht strahlt von aussen durch die mit Glaswaben überzogenen Fester. Dominierend ist die Farbe Blau. Und dieses Blau dringt in jeden noch so kleinen Wickel und färbt ihn ein.
Ich sitze auf einer der aus Holz gefertigten Kirchenbänke und sauge das Licht in mich ein. Eigentlich hat es schon längt von mir Besitz ergriffen und durch wabert mich. Die Zeit bleibt stehen.