ERINNERUNGSRAUM
Man hört nur das Knirschen der Holzspäne unter unseren Schuhen, sonst ist es still. Thea hält die Taschenlampe fest umklammert. Der Lichtstrahl huscht über die Wände; Mal schnell und nah, mal ruhig und weit ausgebreitet. Es riecht nach modrigem Holz und frisch geschnittenem Gras. Durch eines der Fenster sieht man den Nachthimmel, übersät von Sternen. davon gibt es hier in den Bergen immer mehr als zuhause. Manchmal überprüfe ich das, indem ich die Finger einer Hand weit gespreizt nach oben strecke und in einem der entstandenen Zwischenräume alle Sterne zähle. Die Ungenauigkeit dieser Methode ist mir egal.
Obwohl die Tage schon wieder wärmer werden, bleibt es im Stall immer kalt. Es ist, als ob die Holzbretter den Winter aufgesogen hätten und nicht wieder hergeben würden. Die Dachbalken scheinen wahnsinnig weit entfernt. Von oben drückt die Dunkelheit, trotzdem wirkt der raum riesig und endlos. Im Licht der Taschenlampe kommen mir die Werkzeuge und Geräte, die hier rumstehen, wie Fremdkörper aus einer anderen Zeit vor. Nur Werkbank und Schubkarre scheinen, als hätten sie schon immer genau dort gestanden. Plötzlich ist ein Rauschen zu hören und Thea richtet die Taschenlampe ruckartig nach oben; Dutzende Fledermäuse flattern über unsere Köpfe und wir sind wie erstarrt. Auf seltsame Weise fühlt es sich an, als wären wir auf unserem Nachtspaziergang ertappt worden.